SPD Aschau am Inn

PNP 05.08.21: Erst würfeln, dann antworten

Veröffentlicht am 10.08.2021 in Wahlen

DGB-Fragerunde mit fünf Bundestagskandidaten in Waldkraiburg

Waldkraiburg. Wer hat das größte Würfelglück? Fünf Direktkandidaten um das Bundestagsmandat des Wahlkreises Altötting-Mühldorf spielten in der Waldkraiburger Schenkerhalle "Monopoly". Der DGB-Kreisvorsitzende Richard Fischer begrüßte dazu die Bundestagsabgeordneten Sandra Bubendorfer-Licht (FDP) und Stephan Mayer (CSU) sowie die Kandidaten Annette Heidrich (SPD), Christoph Arz (Grüne) und Sebastian Misselhorn (Linke). Anstatt Straßen zu kaufen, bekamen die Teilnehmer je nach Würfelglück vom DGB vorgefertigte Fragen gestellt. Sie hatten dann zwei Minuten Zeit, um diese zu beantworten.

Stephan Mayer überdehnte regelmäßig, angriffslustig und wortgewaltig seine Redezeit. Bei der "Europafrage" zur Jugendarbeitslosigkeit lobte er zunächst die Erfolge der großen Koalitionen. Ausbildungsprämien und Übernahmeprämien für Unternehmen, die trotz Corona-Krise weiter ausbilden, seien "gelungene Anreize", die in Deutschland zur geringsten Jugendarbeitslosigkeit in der EU geführt hätten. Er bewertete die Privatisierung von Staatsunternehmen wie Bahn oder Post als Erfolg, was ihm ein Veto von Sebastian Misselhorn einbrachte: Arbeitnehmer in der Branche seien stark überlastet.

Zum Tarifeinheitsgesetz reflektierte die SPD-Kandidatin Annette Heidrich über konkurrierende Gewerkschaften und Tarifverträge innerhalb von Konzernen. Eine politische Einmischung bei dem Thema sei nicht angezeigt. Gelegen kam der 54-jährigen Sachbearbeiterin die Publikumsfrage, wie man den Rückschritt kompensieren könne, den Frauen während der Corona-Krise aus Sorge um Familie und Kinder in Job und Gesellschaft hinnehmen mussten: "Wir müssen weiterkämpfen", skandierte die Sozialdemokratin, die dazu die entsprechenden Gesetze forderte. Auf die Frage nach einem angemessenen Mindestlohn erklärte Annette Heidrich, dass er durchaus höher sein dürfe, als die von ihrer Partei geforderten zwölf Euro.

Aus dem Bauchgefühl heraus argumentierte Sebastian Misselhorn (Die Linke). Das gipfelte im Publikumszuruf "Du musst Dein Parteiprogramm lesen!", nachdem er sich bei einer "Tariffrage" unsicher gezeigt hatte, wie hoch die Forderung seiner Partei beim Mindestlohn sei. Inhaltlich argumentierte der Krankenpfleger für eine höhere Umverteilungsquote, für höhere Besteuerung von Spitzenverdienern und Vermögenden sowie die "Rekommunalisierung" von Betrieben wie der Deutschen Post. Misselhorn würde die Einhaltung der Tarifverträge verbessern, indem öffentliche Aufträge nur an Firmen vergeben werden, die Tariflöhne zahlen.

Grünen-Kandidat Christoph Arz differenzierte bei der "Europafrage" nach den "Grenzschließungen seit 2015" und deren Auswirkungen für Pendler und Wirtschaft in der Region wenig. Der 24-Jährige sprach über die moralische Dimension der Grenzpolitik während der Flüchtlingskrise 2015 und handelte sich damit das Veto von Mayer ein: "Nie hat es Grenzschließungen gegeben!" Grenzkontrollen rechtfertigte Mayer mit dem Verweis auf sicherheitspolitische Aspekte.

Auch Arz will schnell einen deutlich höheren Mindestlohn von "mindestens zwölf Euro", der in Zukunft dann aber nur noch in kleineren Schritten erhöht werden solle. Die Notwendigkeit von Gewerkschaften begründete der aus Rumänien stammende Student der Politikwissenschaften mit einem Vergleich der Arbeitnehmerrechte hier und dort.

Sandra Bubendorfer-Licht erklärte zum Thema "Infrastruktur", sie sei nie eine große Freundin von Atomkraft gewesen. Der schnelle Ausstieg für die energieintensive Chemieindustrie in der Region käme aber zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Sie lehnte eine stärkere Umverteilung durch höhere Besteuerung von Spitzeneinkommen sowie die Wiedereinführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern ab. Das sei "nicht gerecht und bringt nix". Die Frage, ob öffentliche Vergaben nur an tarifgebundene Unternehmen erfolgen dürfen, sei für die FDP-Abgeordnete zu unflexibel gedacht, da man gerade hier in der Region auch "individuelle Lösungen" mit mittelständischen Unternehmen ohne Tarifvertrag finden müsse, fand sie.
- pbj

 

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